Bericht zur Bürgerschaft, 23.07.2025
Zur letzten Sitzung vor der Sommerpause kam heute die Rostocker Bürgerschaft zusammen und große Themen standen an: Die Abstimmung für eine Olympiabewerbung, der Umgang mit der Rostocker Societät Maritim und der Ankauf Diedrichshägener Land stellten hier zweifellos die thematischen Schwergewichte dar.
Bevor es los ging, gab es erst einmal eine kleine Umräumaktion, denn der Kampf um gute Positionen beginnt oftmals mit dem Kampf gute Positionierungen: Da das BSW seinen Fraktionsstatus verloren hatte, wurde der Bürgerschaftssaal neu organisiert. Unter anderem wurden in den Fraktionen der SPD, CDU und Linken jeweils ein Stuhl entnommen, weil die Mitglieder im Präsidium sitzen. Im Ergebnis saß ein Fraktionsmitglied isoliert an einem Tisch in der letzten Reihe. Unter dem Amüsement vieler Anwesender trugen wir daher einen anderen Tisch rein und konnten dann fokussiert in die Sitzung starten.
Nach einigen Neubesetzungen widmete sich die Bürgerschaft der Grundsatzfrage, ob und wie sich unsere Stadt zu den Olympischen Spielen bewerben sollte. „Wir können das und beweisen das mit der Warnemünder Woche jedes Jahr“, betonte der zuständige Senator gleich zu Beginn der Debatte. Unsere Position dazu ist klar sortiert: Wir würden uns sehr freuen, wenn die olympischen Segelwettbewerbe in Warnemünde stattfinden würden. Allerdings ist eine solche Bewerbung mit erheblichen Kosten verbunden, weshalb wir diese im Rahmen eines Bürgerentscheides der auf eine breite Legitimation stellen wollen. Zugleich sollte eine solche Bewerbung des Zeitgeist früherer Anläufe aufgreifen: „Ich bin ein Rostock-Olymp“ hieß es einst, was auch zu einer erheblichen Begeisterung zum Vereinssport geführt hatte. Dies ist ein Ziel, was wir auch diesmal wieder mit der Bewerbung wecken wollen. Die Mehrheit der Rostocker Bürgerschaft lehnte diese direkte Einbeziehung der Bevölkerung ausdrücklich ab. Dies bedauern wir, weil dies eine einmalige Chance verbaut hat. Dennoch stimmten wir der Olympiabewerbung für 2036 bis 2044 zu.
Auf dem anschließenden Weg durch verschiedene Anträge von AFD tat sich die Gruppe des Rest-BSW mit einem ungewollten Slapstick hervor. Denn wo die AFD inhaltlich schwach unterschiedliche Themen einzubringen versuchte und sich jedesmal eine klare Antwort der zuständigen Senatoren abhole, sprang zu jedem Tagesordnungspunkt dann ein Vertreter des BSW auf und betonte deren vermeidliche Bevölkerungsnähe – Immer wieder mit den gleichen Sätzen, verbunden mit dem Versuch populistischer Positionierung. Gemeinsam mit den anderen demokratischen Fraktionen nahmen wir diesen Faden nicht auf und vertrauten auf die ausführlichen Ausführungen der Senatoren: „Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von uns“ sollte und konnte so vermieden werden.
Gemeinsam mit der CDU-Fraktion brachten wir anschließend den Antrag ein, dass der Rostocker Brandschutzbeirat auch weiterhin einberufen wird. Das Gremium blickt auf eine lange Tätigkeit zurück und konnte eine große Expertise aufbauen. Organisatorisch sind mittlerweile viele Aufgaben im Bürgerserviceausschuss aufgegangen, weshalb die Stadtverwaltung mit einer Verzichtbarkeit des Gremiums argumentiert. Jedoch sind dessen Belange dann oftmals nur ein Tagesordnungspunkt von vielen, womit die Relevanz verloren zu drohen geht. Eine unmittelbare und bessere Einbindung der freiwilligen Feuerwehren und weiterer Blaulichtorganisationen in die städtischen Entscheidungsprozesse ist aber zwingend notwendig. Im Zuge der Diskussion regte der Senators eine inhaltliche Trennung von freiwilliger (im Beirat) und Berufsfeuerwehr (im Ausschuss) an. Mit einer knappen Mehrheit wurde unser Antrag angenommen.
Lebhaft wurde es nach der Pause beim möglichen Erwerb eines 35 Hektar großen Grundstücks im Seebad Diedrichshagen durch die WIRO. Formales Ziel der Antragssteller war es hier, die Verhandlungen für künftige Verkäufe in den Rahmen städtischer Gremien und der Kontrolle der Rostocker Bürgerschaft zu fassen. Das Grundstück soll dabei in Hände der Rostocker WIRO gelegt werden, um das Grundstück dauerhaft von Spekulationen abzukoppeln. Uns hat diese Argumentation nicht überzeugt. Denn es handelt sich hier um ein Landschaftsschutzgebiet, gegen dessen Bebauung sich bereits über 40.000 Menschen in einer Petition ausgesprochen haben. Ein Gebiet, in dem ein privater Eigner immer wieder eine Bebauung anstrebte. Nachdem dies nun endgültig scheiterte, steht eine Veräußerung im Raum. Sehr leidenschaftlich sprach sich die Fraktion der Grünen gegen die Bebauung aus: Wohnen im Luxus und Wochenendhäuser werden sehr viel wahrscheinlicher kommen, als dass dort sozial verträglicher Wohnraum entstehen könnte. Für die SPD-Fraktion machte Anke Knitter dann sehr deutlich: „Ich stehe hier nicht das Erste Mal zu dem Thema am Mikro. Die dauerhaften Initiativen zur Umwidmung sind hier nur als Eines zu sehen: Eine Zermürbungstaktik, um irgendwann eine Mehrheit für die Bebauung zu schaffen“. All jene Initiativen wurden bisher mit großer Mehrheit abgelehnt, nun ging es also auf ein Neues: Eine interessante Konstellation aus CDU, FDP und Linken bemühte sich nun um Vorantreiben des Verkaufsvorhabens. Angesichts dieser offensichtlichen Orientierung auf die Interessen der Inhaber beantragte die Grüne Fraktion eine namentliche Abstimmung, So müsse sich jeder persönlich ehrlich machen, wer dieser Taktik folgen will. Nach einer extrem langen Diskussion betonte Anne Mucha für unsere Fraktion nochmal sehr deutlich: „Wir sind nicht per se gegen die Erschließung in Form von Einfamilienhäusern – Wir haben nur eine andere Priorität: Unsere liegt beispielsweise bei der Errichtung von bezahlbaren Wohnraum“. Wichtig sei hier, dass endlich die Innenentwicklung der Hansestadt vor einer Außenentwicklung erfolgt: In den Groten Pohl und das Werftdreieck sollten die Kapazitäten fließen, statt sich hier weitere Projekt aufzuladen. In einer namentlichen Abstimmung wurde das Vorhaben mit 25:21 Stimmen angenommen.
Anschließend ging es ohne Pause weiter zum nächsten Hammerthema: Ausgehend von einem sehr kritischen Bauzustandsgutachten zur Societät Maritim musste sich die Bürgerschaft zu der Frage ehrlich machen, wie es mit dem Gebäude und den dort ansässigen Trägern weitergehen soll. Viele Anträge und Änderungsanträge befassten sich mit der Problematik mit unterschiedlichen Zeitpunkten zur Einreichung und Wissensständen. Selten war die Ordnung der Beschlussreihenfolge so kompliziert wie hier. Unsere Position ist hier klar: Aus Respekt vor der jahrhundertelangen Tradition des Gebäudes steht ein Abriss außer Frage. Vielmehr muss ein schlüssiges Nutzungskonzept her, an dem sich die Grundinstandsetzung des Gebäudes orientiert. Für die SPD-Fraktion sortierte Kira Ludwig die Datenlage: Bereits 2009 gab es einen Beschluss zur Sanierung des Gebäudes, der 2018 auf Initiative des Rostocker Kulturausschusses erneuert wurde. „Wir wollen eine neue Nutzung in Verbindung mit dem Rosengarten und haben den Mut, die Aufgabe der Societät mit den Angeboten des Kulturhistorischen Museums im IGA-Park zu denken“. Insgesamt meldeten sich weniger Bürgerschaftsmitglieder zu Wort, als erwartet. Aber einhellige Auffassung war hier, dass das Gebäude gerettet werden müsste. Die Abstimmung verlief angesichts der Komplexität leicht chaotisch, folgte aber mehrheitlich den Initiativen des KOE und des Finanzausschusses.
Nach Diskussionen zur dauerhaften Unterbringung von Rettungsschwimmern und der Forderung nach einem einheitlichen Marketingkonzept widmeten wir uns einer ganzen Reihe an Beschlussvorlagen: Unter anderem ging es um die Wiedereinrichtung des Kleingartenbeirates und der Zustimmung zum Hochhauskompass. Der erwartbare Hammer kam dann ganz am Ende: Die Oberbürgermeisterin informierte öffentlich über nun aktivierte Haushaltssperre, womit vor allem im Bereich der Freiwilligen Ausgaben keine zusätzlichen Projekte o.ä. mehr möglich seien. In einem ersten Schritt bemüht sich die Verwaltung um Einsparungen im laufenden Geschäft in Höhe von 12 Mio. €. Wenn dies nicht ausreicht, werden sicherlich auch nochmal Kürzungen auf den Tisch kommen.
Weit nach 22 Uhr war dann Feierabend. Wir wünschen einen schönen Sommer!
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