Rostock

BUGA (?) – Meine Überlegungen als “Entscheider”

BUGA oder nicht BUGA? Das ist nun die Frage. Auf der Bürgerschaftssitzung am 21.10.2020 wird dazu die finale Entscheidung getroffen. Grund genug, sich das Thema genauer anzuschauen und mit euch ins Gespräch zu kommen. Denn der Ton wird rauer, die Rahmenbedingungen kritischer: Als sich die Bürgerschaft am 14.07.2017 zu einer BUGA-Bewerbung entschloss, waren die coronabedingten Steuereinbußen der Hansestadt noch nicht abzusehen – Wie auch nicht die nun bekannten Kosten für neue Straßenbahnen (ca. 120 Mio. €), einer dringend notwendigen Sanierung oder ein Neubau der Eishalle inkl. Schwimmhalle (Die Schätzungen schwanken zwischen 25 und 50 Mio.€) oder die gesteigerten Baukosten des Rostocker Volkstheaters (ca. 50 Mio.€). Umso bekannter war aber schon damals der Sanierungsstau an Rostocks Straßen und Gehwegen (ca. eine Batzillionen € oder so).

Zugegeben: Würden wir in einer idealen Welt leben, dürfte man BUGA, ÖPNV, Theater, Mobilität und vieles andere nicht gegeneinander aufwiegen. Denn alle Projekte haben ihren Charme und können einen wichtigen Beitrag zur Verschönerung unserer Heimatstadt leisten. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bei einer Diskussion um die Durchführung einer BUGA in Teilen sehr emotional und wenig am tatsächlich Leistbaren diskutiert wird.

Doch schauen wir uns doch mal an, was genau die BUGA eigentlich sein soll. Ihre Schwerpunkte (und Erweiterungen) sind über die BUGA-Leitentscheidung klar beschrieben und auch in Ihren Kosten definiert.
(Anmerkung: Ich füge euch nachfolgend für jedes Projekt die geschätzten Kosten und den Eigenanteil der Stadt an. Für letzteres gilt die Annahme, dass es keine Kostensteigerung geben wird und es auch alle Förderungen tatsächlich geben wird. Das ist aktuell aber noch nicht 100%ig sicher)


1. Stadthafenentwicklung: Auf 13 ha sollen die Frei-, Grün- und Verkehrsflächen zwischen der Friedrichsstraße und Grubenstraße entwickelt werden. Das Konzept wird oftmals so beschrieben, dass der augenscheinlich nicht genutzte Stadthafen zu einem sozialen Begegnungsraum umgestaltet werden soll. Sitzmöglichkeiten und eine Flaniermeile sind der Kern der Umgestaltung (Kosten: 35,5 Mio. €, Eigenanteil der Stadt: ca. 1,3 Mio. €).
2. Warnowbrücke: Ausgehend vom Kanonsberg soll sich die 545 m lange Brücke über die Warnow in Richtung Gehlsdorf spannen. Sie soll dabei hoch genug werden, damit kleine Segler drunter durch fahren können. Die Diskussion um eine Brücke gibt es schon sehr lange und diese sollte ursprünglich in Richtung Dierkower Kreuz anlanden. Dies ist nun nicht der Fall. Denn die Brücke wird nicht direkt am Warnowufer anlanden, sondern eher mittig mehrere Meter Richtung Norden. Sie führt somit nicht direkt entlang der Warnow. Planer gehen davon aus, dass die Brücke nicht rechtzeitig zur BUGA fertig sein wird. (Kosten: 36,9 Mio.€, Eigenanteil der Stadt: 1 Mio. €).
3. Fährberg: Dies ist die Anlandungsfläche der Brücke in Gelsdorf. Im Kern soll hier der Uferbereich neu gestaltet und die Besucher aus der Stadtmitte gen Osten zu den anderen BUGA-Angeboten weitergeleitet werden. (Kosten: 4 Mio.€, Eigenanteil der Stadt: 4 Mio.€).
4. Hechtgrabenniederung: Diese liegt neben der Brückenanlandung und zieht sich bis an die Grenze zu Toitenwinkel. Das Gebiet sollte ursprünglich als Umweltbildungsprojekt mit naturnahen Wegen begehbar sein. Mittlerweile ist klar, dass die Fläche zwar ertüchtigt wird, aber dann nicht begehbar sein wird. (Kosten: 1,5 Mio.€, Eigenanteil der Stadt: 1,5 Mio.€).
5. Der Stadtpark: Dieser soll 45 ha groß werden und auf der ehemaligen Deponie östlich von Gehlsdorf entstehen. Es soll eine kleine Naturbühne geben. Als Bewohner des Rostocker Südens drängt sich bei der sehr marketinglastigen Lektüre des Stadtparks der Eindruck auf, dass hier eine ähnliche Funktion des Kringelgrabens an der Warnow entstehen soll. (Kosten: 25 Mio.€, Eigenanteil der Stadt: 16 Mio.€).
6. Warnowquartier: Hier soll Wohnraum direkt an der Warnow entstehen. Bis zur BUGA wird maximal die erste Reihe fertig und der Bau wird sich deutlich länger ziehen. Diskutiert wird aktuell, ob es schwimmende Bauten oder aber eine grüne Kante inkl. Weg direkt am Wasser geben soll. Im BUGA-Ausschuss herrschte dazu Uneinigkeit, ob die Bauflächen höchstbietend veräußert werden sollten, oder dann doch allen sozialen Schichten unserer Stadt (Stichwort “Sozialer Wohnungsbau”) zur Verfügung gestellt werden sollte. (Kosten: Min. 40,5 Mio.€, Eigenanteil der Stadt: Min. 28,4 Mio.€).
7. Greifenbrücke: Diese etwa 200 Meter lange Brücke soll die Holzhalbinsel in Richtung Warnowquartier verbinden und somit einen Fahrradrundweg vom Fährberg bis zurück zur Brückenanlandung (Siehe Punkt 2) am Kanonsberg ermöglichen. (Kosten: 10 Mio.€, Eigenanteil der Stadt: 1 Mio.€).

Im Zuge der BUGA-Bewerbung werden immer wieder die Begriffe “Warnow-Rund”, “Rostocker Oval” oder “Warnow-Rundweg” genutzt. Dies beschreibt im Endeffekt die oben skizzierten Maßnahmen. Bevor ihr nun selbst zum Taschenrechner greift – Die Gesamtkosten für die Hansestadt Rostock belaufen sich auf mindestens 53,2 Mio.€. In den offiziellen Dokumenten wird meist ein Eigenanteil von etwa 40 Mio.€ angegeben. Der Unterschied liegt maßgeblich in Punkt 6, der nur zu einem Drittel in die eigentliche BUGA-Kalkulation einfließt. Man muss auch wissen, dass aktuell von einer jährlichen Baukostensteigerung von bis zu 10% ausgegangen werden muss. Das Risiko dieser zusätzlichen Kosten liegt überwiegend bei der Stadt, weil Bund und Land den größten Teil der eigenen Förderzusagen an feste Summen festgemacht haben.

Auch wurden eigentlich mal Ausgleichsmaßnahmen in den anderen Stadtteilen diskutiert, damit diese durch die BUGA nicht leer ausgehen. Ob dies noch kommen wird, ist mit Blick auf den städtischen Haushalt mehr als fraglich.

Das Archäologische Landesmuseum, eine neue Markthalle und das neue Theater sind übrigens nicht Teil der BUGA und werden auch nicht rechtzeitig fertig sein. Nach lauter Kritik, dass die BUGA im Kern “nur” im Zentrum wirkt, wurde ein Außenstandort im IGA-Park (Nochmal 2 Mio.€) in die Planungen mit aufgenommen. Auch Schwerin hat Interesse als Außenstandort angemeldet.

Das wärs. Am 21.10.2020 liegt die BUGA-Leitentscheidung in der Rostocker Bürgerschaft zur Abstimmung vor. Alle Kommunalvertreterinnen und ~vertreter müssen spätestens dann eine Entscheidung getroffen haben, ob sie der Leitentscheidung zustimmen. Nicht mehr abstrakt an der grundsätzlichen Idee einer BUGA für Rostock. Sondern (hoffentlich) mit Augenmaß zu den tatsächlichen Möglichkeiten der Hansestadt Rostock. Übrigens: Alle bisherigen Planungen und Beschlüsse laufen auf diesen einen Tag im Oktober hin. Denn es wurde immer gesagt, dass die Rostocker Bürgerschaft nochmal abzustimmen hat. Dass jetzt bereits einige Interessensvertreter mit dem Argument “Die Planungen sind so weit fortgeschritten – Man kann jetzt nur noch zustimmen” hausieren gehen, ist höchst scheinheilig und beeinflusst die Entscheidung vieler Kommunalvertreterinnen und ~vertreter. Nicht gerade cool…

Aus dem Text dürfte ziemlich deutlich hervor gehen, zu welcher Entscheidung ich tendiere. Es ist mir aber sehr wichtig, euch als Einwohnerinnen und Einwohner des Rostocker Südens ebenfalls zu Wort kommen zu lassen! Was haltet ihr von der BUGA? Wie bewertet ihr die bisherigen Planungen und die Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema? Ist es Thema in eurer Familie und eurem Freundeskreis? Macht ihr einen Unterschied zwischen der grundsätzlichen Idee und der Abwägung der Kosten im Vergleich zu anderen anstehenden Projekten? Was hätte für euch Priorität? Bitte diskutiert mit. Denn am 21.10.2020 fällt die Entscheidung, worin wir als Hansestadt Rostock in den nächsten Jahren unsere Ressourcen – Ja: unsere Kraft und unser Herzblut – stecken werden.


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4 Gedanken zu „BUGA (?) – Meine Überlegungen als “Entscheider”

  • Marko Albrecht

    Hallo und Danke für diese aussagekräftige, transparente Kostenaufstellung , die ja nun doch etwas nach oben kalkuliert ist und den anzunehmenden Gesamtkosten Endstand in eine greifbare Nähe bringt. Was mir auffällt ist, das wohl noch nicht die jährlichen Unterhalts und Instandsetzungskosten z.B. für die Brücken mit einberechnet sind , die sich laut OZ Artikel wohl auf 1 bis 2% jährlich belaufen sollen, was auch noch mal zukünftig eine kleine Stange Geld für den Rostocker Haushalt bedeutet. Ich halte die BUGA, so wie sie uns verkauft wird, für ein absolut intransparentes, teures und erlogenes Konstrukt. Die Bürger wurden von Anfang an halbherzig informiert, sei es mit abgebildeten Bebauungsplänen in einer sehr schlechten digitalen Qualität, bis hin zu Schönrederei von angeblichen Nutzen für alle und das nur, meiner Ansicht nach, damit sich einige Kommunalpolitiker ein persönliches Denkmal bauen können und ihre Macht und Ansehen stärken können. Wunderschön auch das Märchen vom sozialen Wohnungsbau am Warnowufer, nachdem unser amtierender Bürgermeister in den Printmedien die Aussage traf, das Rostock mehr gutbetuchte Bürger brauch und weniger sozial, gering monitär aufgestellte Mitmenschen. Der Soziale Wohnungsbau in Rostock sieht meiner Kenntnis nach heute so aus, das für solche Bauvorhaben, in solchen Lagen gerade einmal 10 % der neuerbauten Wohnfläche mit einen Quadratmeter Preis von fünf bis sechs Euro vermietet werden, der Rest wird dem Wohnumgsmarkt frei überlassen. Ich finde das ist kein sozialer Wohnungsbau, eher nur Gewissensberühigung. Des weiteren, warum sollen Fahrrad und Fußgänger Brücken gebaut werden , mit dem Argument das die Bürger möglichst Ökologisch korrekt die Warnow queren können, wenn doch eine Straßenbahnlinie so wie ein breiter Fahrrad und Fußweg schon vorhanden ist, um auf das geplante Gelände zu kommen. Was wird hier unterstützt, die Faulheit einiger zukünftiger predistinierte Wohnungsmieter die dort vielleicht wohnen werden . Nachhaltig bauen und leben ist anders. Im Zuge der BUGA soll des weiteren der in Dierkow ansässige Wertstoff und Resyclinghof abgerissen werden und an andere Stelle wieder aufgebaut werden, warum? Für einen komischen Park dessen Nutzung ich ähnlich vernachlässigt sehe wie auf dem IGA Gelände ( wo es nach diesjährigen Printmedien Mitteilungen erst dieses Jahr zu einen halbwegs vernünftigen Nachnutzung Konzept gekommen ist) Hier wird eindeutig vorhandene Infrastruktur vernichtet, für eine für mich zweifelhafte und teure neue Struktur, dessen Nutzen für die Bevölkerung in meinen Augen absoluter Blödsinn ist. Die BUGA wird auch keine langfristigen Arbeitsplätze schaffen, warum auch. Die marode Gaststätte die sich auf Gehlsdorfer Seite an der Uferpromenade befindet war und ist jetzt schon schlecht besucht. Das liegt eher an der Geschäftsführung als an der Lage bzw. den örtlichen Befindlichkeiten und ganz ehrlich sogenannte Fressmeilen gibt es in Rostock auch wie Sand am Meer, da muss man nicht für teuer Geld noch so ein Quatsch hinzaubern. Von mir immer noch ein klares nein für die BUGA und nein zu diesen Bürgermeister der mehr Selbstdarsteller als verantwortungsvoller Politiker ist.

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    • Dr. Stefan Posselt

      Moin Herr Albrecht,
      Sie sprechen da so einige Dinge an, an die ich einen Haken machen kann. Vieles davon stand im Ursprungstext zu meinem Beitrag auch drin – Nur musste ich mit Blick auf die Länge etwas kürzen.

      Zu den Kosten: Hochgerechnet habe ich eigentlich nicht. Denn ich habe mich bewusst ausschließlich an den offiziellen Zahlen bedient. Allerdings habe ich nicht zugesagte Förderungen bzw. Hoffnungen auf Förderungen nicht berücksichtigt. Denn als Kommunalpolitiker muss ich auf Realitäten setzen und nicht auf hoffnungsvolle Luftschlösser 😉

      Das größte Desaster sprechen Sie auch sehr richtig an: Die Kommunikation der BUGA ist einfach schlecht. Aus der Abstimmung zum Traditionsschiff im Stadthafen hätte die Gegenseite eigentlich lernen müssen. Haben sie aber nicht….

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  • Frank Schuberth

    Hallo, ich hoffe Sie sind mit Ihrer Meinung zur Abstimmung nicht allein in der Bürgerschaft. In der kurzen Zeit bis zur BUGA würde nur ein geringer Teil der geplanten Bauten fertig werden. Die Provisorien die dann geschaffen werden müssten, z.B. eine Fähre anstelle der halb fertigen Brücke, verursachen dann wieder Kosten die nicht Planbar sind. Außerdem ist die Nachnutzung vieler Bereiche nur auf den Sommer beschränkt und damit nicht nachhaltig. Ich glaube mit dem Eigenanteil der Stadt kann man auch viel für Rostock tun und dies nicht unter dem Zeitdruck zur BUGA.
    Bleiben Sie bei Ihrer Entscheidung!

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  • Franziska Maschner

    So sehr ich die Entwicklung des Stadthafens befürworte, so sehr habe ich Probleme mit dem BUGA-Projekt:

    (1) Der Zeitrahmen zur Umsetzung ist unrealistisch.

    (2) Die Projektbestandteile wirken wild zusammengewürfelt um eine höchstmögliche Förderquote zu erzielen und nicht den bestmöglichen Effekt für die Stadtentwicklung.

    (3) Die anderen Stadtteile profitieren von der BUGA wenig, dabei haben wir ein großes Problem der sozialen Ungleichheit in der Stadt.

    (4) Die Bevölkerung unterstützt das Projekt in weiten Teilen nicht.

    (5) Andere, schon beschlossene und „durchfinanzierte“, Großprojekte (Theater, Landesmuseum( existieren schon und sollten erstmal durchgeführt werden, bevor man weitere Aufgaben übernimmt.

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